Self-Care – Was ist das überhaupt?

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eine Frau mit offenen händen. Self-Care - ein politisches Statement?

Ein schönes Schaumbad, eine Gesichtsmaske und danach noch die neue Lieblingsserie binge watchen – vielen von euch fällt beim Begriff „Self-Care“ bestimmt eines dieser Beispiele ein. Aber habt ihr schon mal von Self-Care zum Selbsterhalt gehört?

Self-Care zum Selbsterhalt bedeutet, durch das Stillen seiner Bedürfnisse, Selbstliebe und Liebe in der Community zu erfahren und einen Weg zu finden, um sich trotz struktureller Diskriminierung lebenswert zu fühlen. In den 70ern und 80ern wurde Self-Care in diesem Sinne vor allem von BIPoC und queeren Personen praktiziert.

„Caring for myself is not self-indulgence, it is self-preservation, and that is an act of political warfare.“


Diesen Satz schrieb die Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde 1988 in ihrem Buch „A Burst of Light“. Sie beschreibt Selbstfürsorge damit als eine Art der „politischen Kriegsführung„. Hier sind keinesfalls Mistgabeln und brennende Fackeln gemeint. Es geht viel mehr darum, sich einerseits der negativen Erfahrungen seiner Mitmenschen bewusst zu werden und auf diese aufmerksam zu machen und andererseits fürsorglicher mit sich selbst und seinen Mitmenschen umzugehen. Vor allem mit marginalisierten Personen, die im Alltag Diskriminierung erfahren und deshalb besonders auf sich Acht geben müssen.

Hauptziel ist es, durch ein achtsames und rücksichtsvolleres Miteinander struktureller Diskriminierung langfristig entgegenzuwirken, um so die psychische Belastung vieler Menschen zu reduzieren.

Was hat denn bitte Self-Care mit Politik zu tun⁉

Wenngleich sich in den letzten 50 Jahren einiges in Politik und Gesellschaft geändert hat, werden marginalisierte Personen in der Politik immer noch zu wenig gehört. Häufig sind diese Menschen unterrepräsentiert oder werden angefeindet. Ein Beispiel hierfür ist leider auch unser Bundestag. Dieser soll laut Grundgesetz das gesamte deutsche Volk repräsentieren. Um diese Repräsentativität zu gewährleisten fehlen im aktuellen Bundestag jedoch unter anderem Muslime, Menschen mit Behinderung, Alleinstehende und Nicht-Heterosexuelle Menschen. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung fehlen im Parlament aber auch Landbewohner sowie Menschen mit Hauptschulabschluss. Zudem erfahren Parlamentarierinnen laut einer Umfrage auch heute noch Frauenfeindlichkeit im Bundestag. 69% der befragten Politikerinnen geben an, dass sie im Rahmen ihres Amtes mindestens einmal frauenfeindlichen Hass erlebt haben. Politikerinnen mit Migrationshintergrund sind besonders häufig betroffen. Die Politikerin Żaklin Nastić berichtet in einem Interview mit zeit.de beispielsweise über häufige Kommentare zu ihrer Herkunft oder ihrer Intelligenz.

Schutz vor Diskriminierung und Anfeindung

2018 verwarnte der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die AFD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel für ihre Rede zu Einwanderungs- und Asylpolitik mit einem Ordnungsruf und setzte damit ein wichtiges Zeichen. In ihrer Rede hatte sich Weidel diskriminierend gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte geäußert.

Um Diskriminierung nachhaltig anzugehen und dagegen zu wirken, wurde 2006 die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingerichtet. Diese soll den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus und Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Arbeitsleben umsetzten und bei Alltagsgeschäften allen Menschen ihre Teilhabe ermöglichen.

Auch die aktuelle Bundesregierung will sich laut Koalitionsvertrag für eine vielfältige, tolerante und demokratische Zivilgesellschaft einsetzen. Dazu gehören unter anderem die Fortsetzung der Arbeit zur Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, der Queerfeindlichkeit mit einem ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan entgegenzutreten und die UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft z. B. durch entsprechende Begabtenförderung und Unterstützung eines bundesweiten Community-Zentrums voranzutreiben.

Probleme mit Self-Care als Modebegriff und Produkt

Self-Care wird heute auch oft mit Selbstoptimierung gleichgesetzt. Ziel dieser Selbstoptimierung ist es, durch Dinge wie beispielsweise Yoga und Superfood-Bowls, eine vermeintlich glücklichere, gesündere und leistungsfähigere Person zu werden. Davon profitieren vor allem Anbieter dieser Produkte und ohnehin privilegierte Personen. Dies entspricht nicht dem ursprünglichen Self-Care Gedanken zur Selbsterhaltung, sondern macht Self-Care zu einem Luxus, den sich aufgrund von fehlenden Ressourcen wie z. B. Zeit und Geld nicht jeder leisten kann.

Besonders kritisch daran ist, dass individueller Konsum und Selbstoptimierung in den Fokus rücken, anstatt Self-Care als gemeinschaftliche Aufgabe für das Wohlbefinden aller – insbesondere marginalisierter Personen – zu betrachten.

Wie steht ihr dem ganzen Self-Care Hype gegenüber?

Eure Leah

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/bundestag-diese-abgeordneten-fehlen-e291979/

https://de.euronews.com/2018/05/16/alice-weidel-afd-spricht-im-bundestag-von-kopftuch-madchen-und-messer-mannern-

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-02/frauen-politik-frauenfeindlichkeit-bundestag-umfrage-spiegel?utm_referrer=https%3A%2F%2Fdrive.gb-ssi.de%2F

24 Jahre alt, Studentin

Hallo, ich bin Leah! Als Redakteurin habe ich die Arbeit der Jugend-Redaktion lange begleitet. Politische Themen liegen mir am Herzen. Aktuell studiere ich in Berlin Literatur- und Politikwissenschaften.

Leah Nlemibe / ehem. Redaktionsmitglied

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